14.9.2022
Der Polarisierung entgegenwirken
Am Sonntag, 18. September, ist Bettag. Die Regierung des Kantons Graubünden ruft zu Dialog und Kompromissbereitschaft auf.
Die aktuelle Weltlage führe vor Augen, wie verletzlich die freie demokratische Gesellschaft sei, schreibt Regierungspräsident Markus Caduff im Bettagsmandat an die Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons Graubünden. Zu sehr sei man im Europa der letzten Jahre davon ausgegangen, dass die Zeiten kriegerischer Auseinandersetzungen zumindest hierzulande vorbei seien. Umso grösser die Fassungslosigkeit darüber, dass wieder Panzer rollen, Schüsse fallen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit geschehen und Demokratie sowie Freiheit unterdrückt werden.
Für ein friedliches Zusammenleben bedürfe es gemeinsamer Werte, auf welche sich alle Mitglieder einer Gesellschaft einigten, ruft Marcus Caduff in Erinnerung. Diese seien nicht selbstverständlich, sondern entstünden durch Diskussion, Austausch, Verständnis und Kompromiss. Mit Besorgnis beobachtet der Regierungspräsident, wie die „Politik des institutionalisierten Kompromisses“ auch in der Schweiz zunehmend unter Druck gerät. Der Diskurs sei härter geworden, die Bereitschaft zu Empathie und Kompromissbereitschaft kleiner. Immer öfter würden Diskussionen durch eine abgrenzende "Freund-Feind-Logik" ersetzt.
Um der Polarisierung entgegenzuwirken, brauche es "Dialogräume" für respektvollen Austausch. Beispielsweise im Familien- und Freundeskreis, in der Dorfgemeinschaft, im Verein oder am Arbeitsplatz. Dabei müssten immer wieder auch Ängste und Vorurteile eingestanden, erkannt und überwunden werden, meint Caduff. Das sei schon bei der Gründung des schweizerischen Bundesstaates im Jahr 1848 so geschehen: nach jahrzehntelanger blutiger Auseinandersetzung zwischen Liberalen und Konservativen sowie reformierten und katholischen Teilen des Landes, bestand die Herausforderung darin, nicht das Trennende zu betonen, sondern das Gemeinsame.
Dasselbe gelte bis heute, so der Regierungspräsident. Der „Bettag“ sei ein Tag des Respekts vor den politisch und konfessionell Andersdenkenden. Das brauche Zeit, Toleranz und Dissens, ist Caduff überzeugt. "Wenn wir das begreifen, werden es die Polarisierung und ihre Freunde schwer haben."
Stefan Hügli
Kommunikation