12.9.2022
Das Institut G2W wird 50-jährig
Das Ökumenische Forum für Glauben, Religion und Gesellschaft in Ost und West (G2W) hat in Chur sein 50-jähriges Bestehen gefeiert - mit Friedensgebet, Podiumsdiskussion und einer Ausstellung von Ikonen.
Die Ausstellung von zwei Dutzend Ikonen, gemalt auf Deckeln von Munitionskisten, gehörte ohne Zweifel zu den Höhepunkten der Jubiläumstagung. Es seien stumme Zeugen der schrecklichen Ereignisse in der Ukraine, sagte der Künstler Oleksandr Klymenko. Er hat die Ikonen zusammen mit Sonia Atlantova geschaffen. Das Bedürfnis "irgendwie auf den Krieg zu reagieren" hat das Künstlerpaar aus Kiew aktiv werden lassen. Hauptstück der Sammlung ist die Mariupol Deesis, ein "den Verteidigern und den Einwohnern von Mariupol" gewidmeter Werkzyklus. In Tempera, Kohle und Blattgold kombinierten Atlantova und Klymenko traditionelle Ikonenmalerei mit Szenen aus dem Krieg: mit den Kontouren zerbombter Städte, darin Menschen die in den Trümmern umherirren. "Sie sind wie Krebskranke, sehr verängstigt", schilderte Klymenko. Die Ikonen seien Ausdruck der Hoffnung, dass das Leben über den Tod siegen werde. Zudem enthielten sie die provokative Vorstellung einer Umkehrung, wonach "die Waage beim Jüngsten Gericht zugunsten jener anzeigen könnte, die Opfer dieses Kriegs geworden sind". Der Erlös aus dem Verkauf kommt dem Aufbau zweier Feldlazarette zugute.
Zum reichhaltigen Programm der Jubiläumstagung gehörte ein Dank- und Friedensgebet in der Comanderkirche mit Gesängen und Gebeten aus Ost und West. „In der Haltung des passiven Zuschauens entsteht kein Friede“, sagte Sr. Ingrid Grave zur Begrüssung und Bischof Andrej Cilerdžić betete: „So viel Leid. So viel Not. So viel Gewalt. Was soll noch werden? Erbarme dich, Herr unser Gott.“ Das Friedensgebet war ein ebenso ökumenischer wie internationaler Anlass. Es haben diese Personen mitgewirkt: Bischof Joseph-Maria Bonnemain, Bischof Andrej Cilerdžić, Dekan Thomas Müller-Weigel, Sr. Ingrid Grave, Pfr. Klaus Wloemer und Pfr. Jan-Andrea Bernhard. Für die eindrückliche musikalische Gestaltung waren Gabrijela Ubavić (Gesang), Nevena Zivković (Piano) und Christan Forrer (Orgel) verantwortlich.
Blick zurück und Podium. Am Nachmittag gewährte Kirchenhistoriker Jan-Andrea Bernhard einen Einblick in die Enstehungsgeschichte von G2W. Sie reicht zurück bis in die Zeit des Kalten Kriegs und ist untrennbar mit dem Namen Eugen Voss, einst reformierter Pfarrer von St. Moritz, verbunden. In einer Podiumsdiskussion zum Krieg in der Ukraine diskutierten unter der Leitung von Eva Maurer der Institutsleiter Stefan Kube und Professorin Katharina Kuter aus Helsinki. Das Podium zeigte auf, wie die Kirchen der Ukraine auf den Angriff reagierten, wie sie Putin aufriefen, den Krieg zu stoppen, sich gegen die religiöse Verbrämung durch theologische Sprache wehrten und humanitär aktiv wurden. Er sehe nicht, dass der Krieg schnell zu Ende gehen werde, sagte Kube. Es bestehe die Gefahr, dass man sich an den Krieg gewöhne. Wie immer, wenn Politpropaganda mit im Spiel ist, gehe es darum, genau hinzuhören und möglichst unterschiedliche und unabhängige Stimmen zu Gehör zu bringen. Das sei die Aufgabe und Spezialität von G2W seit seiner Gründung, sagte Kube. "Angesichts der Repression zu schweigen, ist keine Option. Die Arbeit des Instituts ist nötiger denn je."
Website von G2W
Zeitschrift Religion & Gesellschaft in Ost und West
Beitrag zur Geschichte von G2W in reformiert., siehe Seite 3
Stefan Hügli
Kommunikation
Bild: Das Künstlerpaar Oleksandr Klymenko und Sonia Atlantova präsentieren einen im April 2022 fertig gestellten Werkzyklus.