21.6.2018
Synode tagt in der Steinkirche
Immer mehr Menschen haben das Gefühl, nicht zu genügen. Das sagte der Psychologe und Psychotherapeut Daniel Hell vor rund 120 Synodalen und Gästen. Nicht nur wer an beruflichen Anforderungen scheitere oder in den sozialen Medien negativer Kritik ausgesetzt sei, gerate massiv unter Druck. Druck entstehe auch durch den in der modernen Gesellschaft verbreiteten Zwang zu Selbstbestimmung, Selbstbehauptung und Selbstoptimierung. "Menschen müssen ihr Glück heute bei sich selbst suchen", sagte Hell. Wenn aber Wunsch und Realität zu sehr auseinander klafften, könne das zu depressiven Lähmungen führen, die von den Betroffenen "als grauenhaft" erlebt würden. Seelsorge könne helfen, überzogene Erwartungen als solche zu erkennen und das Vertrauen der Betroffenen durch Anerkennung und Achtung zu stärken. Auch Jesus habe sich mutig auf die Seite der Beschämten geschlagen. "Politische Korrektheit genügt nicht".
Eröffnungsansprache. "Wir leben mit und zwischen extremen Spannungen», sagte auch Dekanin Cornelia Camichel in der Eröffnungansprache. Sie sprach über das "postpatriarchalische Durcheinander" als Herausfordernung, sich gesellschaftlichen Veränderungen zu stellen. Noch nie waren, nach Aussage von Camichel, Menschen so gut informiert und zugleich so machtlos. "Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und sind doch überfordert". Kirche könne Orientierung geben durch Orte und Räume, durch gemeinsames Beten, Feiern und Singen. Die neue Verfassung gebe dazu einen verbindlichen Rahmen.
Symbolischer Ort. Im Synodalgottesdienst am Sonntag sollen neun Pfarrpersonen in die Synode aufgenommen werden. Bis Freitagmittag haben sich diese mit Lebenslauf und Predigt der Synode vorzustellen. Musikalisch gestaltet wurde die Eröffnungsfeier von Schulkindern des evangelischen Religionsunterrichts unter der Leitung von Evelyne Hess. Kirchgemeindepräsidentin Mengia Werro ging in ihrer Begrüssung auf die Symbolik der Steinkirche ein. „Wie drei überdimensionierte Kieselsteine“, sagt Werro, denn seit Menschengedenken hätten sich Menschen bei Steinen getroffen. Die Fenster hätten je unterschiedliche Blickrichtungen: nach oben als Verbindung zum Göttlichen, in die Weite als Horizonterweiterung und gerade hinaus zum Dorf als Symbol für Nähe und Transparenz.
Bild: "Depressionen und Angststörungen sind häufiger geworden", Prof. Dr. Daniel Hell