10.11.2021

"Gemeinsames stärker gewichten"

Budget, neue Geschäftsordnung und Sorge um den gesellschaftlichen Zusammenhalt: In Chur hat der Evangelische Grosse Rat getagt.

„Der gesellschaftliche Zusammenhalt ist gefährdet und das Verständnis füreinander nimmt ab“ - das sagte Brigitte Gafner in der Herbstsitzung des Evangelischen Grossen Rats und sorgte gleich zu Beginn für offene Ohren. Die Gräben zwischen Stadt und Land, die Flüchtlingsfrage, das Ringen um klimagerechtes Handeln: die Pandemie habe die gesellschaftlichen Spannungen verstärkt. „Plötzlich sind wir in Gruppen eingeteilt - in Geimpfte und Ungeimpfte“, so die Sozialdiakonin aus Davos. Der Streit und die Konflikte, die daraus entstünden, gingen bis hinein in die Beziehungen, Freundschaften und Familien - und sie machten auch vor den Kirchgemeinden nicht halt. Gafner ermunterte die Kirchenleute, das Einende stärker zu gewichten als die Differenzen. „Auch meine Kinder streiten, aber das zerstört nicht unsere Einheit als Familie“.

Stabile Zahlen. Für Einigkeit unter den Räten sorgte das Budget der Kantonalen Evangelischen Kirchenkasse. Für das Jahr 2022 rechnet dieses mit Ausgaben von CHF 11‘569‘036 und Einnahmen von CHF 11‘473‘670. Daraus resultiert ein Aufwandüberschuss von CHF 95‘366. Dabei werden der Vorfinanzierung an kirchliche Bauten CHF 350‘000 und der Vorfinanzierung für bezugsberechtigte Kirchgemeinden CHF 200‘000 entnommen. „Wir dürfen mit verhaltenem Optimismus in die Zukunft blicken“, meinte Finanzchef Eugen Caduff, die Wirtschaft erhole sich grad besser als erwartet. Trotz weitgehend stabiler Aussichten mahnte Robert Heinz im Namen der Geschäftsprüfungskommission zu Zurückhaltung bei den Projekten.

Neue Geschäftsordnung. Im Zuge der Umsetzung der neuen Verfassung beriet und verabschiedete das Kirchenparlament seine totalrevidierte Geschäftsordnung. Diese berücksichtigt das neue Wahlverfahren des politischen Grossen Rats und regelt den Einbezug auch von dessen stellvertretenden Mitgliedern. Der Einbezug der politischen Kräfte ist enorm wichtig für die breite Abstützung der Bündner Kirche – darin war man sich in der Diskussion einig. Die Umsetzung der neuen Kirchenverfassung ist damit weiterhin auf Kurs. Nächster Meilenstein wird die Revision der Verordnung über Aufbau und Leben der Kirchgemeinden sein, gefolgt von der Neuordnung des Finanzausgleichs.

Wahlen und Fusion. Vizepräsident des Kirchenrats ist neu Dekan Pfr. Thomas Müller-Weigl, Arosa. GR Leonhard Kunz, Fläsch, nimmt in der Geschäftsprüfungskommission Einsitz. In die Vorberatungskommission für das Gesetz über die landeskirchliche Rechtspflege wurden gewählt: Pfr. Heinz-Ulrich Richwinn, Zizers, Pfr. Joachim Berg, Küblis, Anita Kasper, Buchen, GRn Franziska Preisig, Samedan, und GR Felix Schutz, Filisur. Zudem genehmigten die Räte den Zusammenschluss der Kirchgemeinden Avers und Ferrera zur Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Avers-Ferrera. "Ich bin zuversichtlich, dass sich das Rätoromanische und das Walserische in der neuen Kirchgemeinde gut ergänzen werden", gab sich GR Bruno Loi überzeugt.

Zum letzten Mal als Kirchenrätin mit dabei war Pfarrerin Miriam Neubert. Sie wurde mit Applaus und Anerkennung für ihr Wirken im Bereich der Kirchenbeziehungen, aber auch in Zusammenhang mit dem Reformationsjubiläum oder dem Konzept zum Schutz der persönlichen Integrität verabschiedet. Neubert wird aufgrund einer neuen beruflichen Herausforderung nur noch bis Ende Jahr Mitglied der Exekutive sein. Ebenfalls den Rücktritt erklärt hat Kirchenrat Eugen Caduff. Er wird sein Amt noch bis Ende 2022 ausüben.

Stefan Hügli
Kommunikation

Bild: Das Kirchenparlament im Grossratssaal in Chur. In Zukunft werden ihm angehören: 60 Abgeordnete aus den Kirchenregionen, die politischen Grossräte evangelischer Konfession (sofern sie sich zur Mitarbeit verpflichtet haben) und deren Stellvertretungen.
Foto: Stefan Hügli